Bergfest und Ankunft in Nuuk
Wir verlassen Paamiut in – inzwischen – sehr gewohnter Frühe gegen 6 Uhr morgens und treten unsere letzte große Etappe in Richtung Nuuk an. So kalt wie heute war es bislang noch nie. Der Thermometer unter Deck zeigt noch 4°C an, draußen weht ein eisiger Wind und der Nebel hängt tief und dicht über der See. Zwischen vielen, nah aneinander stehenden Inseln und Engstellen geht es aus der geschützten Bucht aufs offene Meer hinaus. Direkt nach der Ausfahrt fallen wir stark ab und mit einem Abstand von rund 30 Metern entlang der Küste um so schnell wie möglich wieder auf die „Inner Route“ abzubiegen und den Schutz der kleinen vorgelagerten Inseln und Steine zu nutzen um mit weniger Wind und Welle unter Großsegel die nächste Etappe zu bestreiten und nach Ravns Storø, einer kleinen, gut geschützten Ankerbucht zu fahren. Immer wieder kommen Wellen zwischen den Inseln durch, werfen uns unangenehm von der einen auf die andere Seite. Erst bricht eine große Welle über unseren Bug und es laufen rund zehn Liter Wasser über den Niedergang in unseren Salon, dann fliegt Bernd mitsamt Salami-Brot durch den Salon und ist dort unter dem Kartentisch weiter. Eine weitere, mühsame Etappe. Noch zwei Tage, bis wir endlich in Nuuk ankommen werden und die Segelei gegen den Wind an hoffentlich erst einmal ein Ende findet.
Erschöpft kommen wir am Nachmittag in unserer angeblich gut geschützten Ankerbucht an. Eine Alu-Yacht liegt bereits vor Anker. Bei Fallböen von bis zu 30 Knoten Wind will unser Anker nicht so recht halten und nach nur zwei versuchen (wir haben die letzten Male beim Ankern so unsere Erfahrungen gemacht und treffen zunehmend schneller Entscheidungen, welchem Ankerplatz wir vertrauen und welchem nicht) geben wir den Ankerplatz auf. Es wird bereits Abend – der Wind nimmt also ein bisschen ab – und wir können es noch bei letztem Sonnenschein bis nach Qeqertarsuatsiaat, einem kleinen, schönen Fischerdörfchen, schaffen. Die weiteren sechs Stunden verlangen uns zwar neue Energie ab, wenn wir dafür aber gut schlafen und auch mal länger als bis um 6 Uhr schlafen können, nehmen wir das gerne in Kauf. Die Überfahrt wird – ausnahmsweise – sehr angenehm, fast schon ausgelassen. Kurz nach Sonnenuntergang umrunden wir die kleine Siedlung, die von allen Seiten von Wasser umgeben ist und sich einige Meter über das Wasser erhebt. Ein schöner Anblick. Nach und nach kommen auch Bernd und Merle aus ihrer Koje gekrochen und kommen an Deck während wir in den kleinen Hafen mit winzigem Pier einlaufen und das Boot vertäuen. Der Tidenhub ist groß, bestimmt 3,5 Meter. Immer wieder müssen wir zum fieren der Leinen nachts aufstehen. Der einzige Vorteil dabei – wir sehen Polarlichter. Ein grüner Schimmer fliegt über den Himmel und ich wecke Bernd, der nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er gerne bei den nächsten Polarlichtern geweckt werden möchte.
Etwas erschöpft und doch gut erholt stehen wir am nächsten morgen auf, erkunden das Dorf, gehen Einkaufen und sprechen mit einem Jäger, der gerade dabei ist ein Rentier auszunehmen und die Fleischstücke zwischen der frischen Wäsche zum trocknen aufhängt. Wir besuchen eine kleine Steinschleiferei, in der die lokalen, sehr minderwertigen Rubine geschliffen und zu horrenden Preisen an Touristen verkauft werden. Dankend lehne ich ab – freue mich aber, dass wir die Bestätigung haben, dass die Steine, die Clarissa und ich 2015 gefunden und gesammelt haben, wirklich Grönländische Rubine sind. Dann, gegen 10 Uhr geht es weiter gen Norden. Noch ist kaum Wind im Fjord und die ersten Stunden kommen wir super voran. Freuen uns immer wieder wie toll es läuft. Nach dem verlassen des Fjords halten wir uns weiter auf der „Inner Route“, die uns die verbleibenden dreißig Seemeilen weitestgehend vor dem starken Wind schützen soll. Immer wieder wird das Fahrwasser fast beängstigend schmal und flach. Die Karte verzeichnet an einer Stelle nur noch 2,2 Meter Tiefe, was genau dem Tiefgang unseres Bootes entspricht. Immer wieder bremsen wir das Boot für derartige Stellen bis auf ein minimum ab oder kreuzen in dem 50 Meter breiten Fahrwasser unter Großsegel hin und her. Ein kräfteraubendes unterfangen (Wir konnten in Paamiut zwar wieder alle gut zu Kräften kommen, ich bleibe hier aber gerne bei meinem schon fest einstudierten Muster des Klagens und Beschwerens über schlechtes Wetter), was uns aber deutlich besser erscheint als auf offener See zu kreuzen und uns den Wellen auszusetzen. Immer wieder begegnen uns Fischerboote oder kleine Motorboote von Grönländern, die sich zwischen den Städten bewegen. Auch die Wasserfarbe verändert sich immer wieder und wird in der Nähe von Gletscherflüssen zu einem türkisgrünen, surreal hellen Gewässer, dessen Tiefe man in keiner Weise an der Farbe abschätzen oder den Grund sehen kann. Der Tag ist geprägt von vielen neuen, schönen Eindrücken und Angespannter Stimmung wegen der Komplexität der Rückflüge, Eng- und Flachstellen. Als wir aber am Abend in einer ruhigen Bucht den Anker werfen und dieser sich auf Anhieb gut im Schlick eingräbt, steigt die Stimmung auch schnell wieder. Ein ruhiger Ankerplatz ist eben viel Wert. Wenn wir, wie an diesem Abend, noch dazu zwei große Dorsche aus dem Wasser ziehen, ist die Welt wieder gänzlich in Ordnung und ich schlafe Tag für Tag wieder besser und tiefer.
Obwohl wir nur 30 Seemeilen bis Nuuk segeln müssen, lichten wir den Anker in der Frühe ohne gefrühstückt zu haben. Die Sehnsucht anzukommen ist groß, die Crew wird das Boot dort verlassen und will in den wenigen verbleibenden Stunden noch etwas von der Stadt sehen. Die Zeit vergeht wie im Flug. Im Sund vor uns erscheinen die ersten, lang gezogenen Häuser und Fabrikgebäude. Langsam kommen wir der Großstadt näher, die fast der Hälfte der Grönländischen Bevölkerung Heimat bietet. Auch seit meiner letzten Reise hat sich die Stadt stark verändert. Wo vor 9 Jahren noch Industrie in Hafennähe stand, mehren sich immer mehr Häuserblöcke, Hotels, Wohnsiedlungen. in der Mitte des Hafens wurde eine riesige Insel aus Schotter aufgeschüttet um den Hafen um ein riesiges Container Terminal zu erweitern und besser zu schützen. Der Flughafen wurde jüngst umgebaut und soll ab Ende des Jahres auch für große Flugzeuge anzufliegen sein. Als wir in den Hafen einlaufen sind wir alle etwas überwältigt. Wir haben unser Ziel erreicht, haben die letzte Etappe trotz aller Hindernisse hinter uns gebracht und liegen nun in einem Päckchen in dem kleinen Fischerhafen am Kutterkajen. Wir treffen meinen Vater Axel, Andres und Dominik, die mich die nächsten Wochen als Crew begleiten werden und gehen zusammen Essen. Am nächsten Morgen um acht Uhr verabschiede ich Merle, Bernd und Jojo, die wiederum das Boot verlassen und, trotz vieler Komplikationen, nach Hause fliegen. Ein reges Treiben stellt sich an Bord ein, bis sich alles langsam eingependelt hat.
Zum Abschluss treffen wir meinen Freund Peter, den ich 2015 in Illulissat kennen gelernt habe und immer wieder mit ihm in Kontakt stand. Wir bringen Kässpätzle zum Abendessen mit und seine Frau kocht Thai-Curry für uns. Nach dem Essen wird die Stimmung immer entspannter und unterhalten uns bis in die Nacht hinein mit den Beiden über Leben, Politik, Natur, Arbeit, Kinder… Die Einblicke, die ich so in das Leben der sonst sehr zurückhaltenden Grönländer erhalte, erwärmen mein Herz und die Sehnsucht mehr Zeit hier verbringen zu wollen. Alles hat sein Ende – gegen 23 Uhr kehren wir zum Boot zurück und ich falle ins Bett. Morgen machen wir die letzten Erledigungen und beginnen dann unsere Reise gen Süden. Wir haben den Scheitelpunkt unserer Reise erreicht und werden nun Stück für Stück, Schlag um Schlag, wieder gen Süden und nach Deutschland segeln.
Erschöpft kommen wir am Nachmittag in unserer angeblich gut geschützten Ankerbucht an. Eine Alu-Yacht liegt bereits vor Anker. Bei Fallböen von bis zu 30 Knoten Wind will unser Anker nicht so recht halten und nach nur zwei versuchen (wir haben die letzten Male beim Ankern so unsere Erfahrungen gemacht und treffen zunehmend schneller Entscheidungen, welchem Ankerplatz wir vertrauen und welchem nicht) geben wir den Ankerplatz auf. Es wird bereits Abend – der Wind nimmt also ein bisschen ab – und wir können es noch bei letztem Sonnenschein bis nach Qeqertarsuatsiaat, einem kleinen, schönen Fischerdörfchen, schaffen. Die weiteren sechs Stunden verlangen uns zwar neue Energie ab, wenn wir dafür aber gut schlafen und auch mal länger als bis um 6 Uhr schlafen können, nehmen wir das gerne in Kauf. Die Überfahrt wird – ausnahmsweise – sehr angenehm, fast schon ausgelassen. Kurz nach Sonnenuntergang umrunden wir die kleine Siedlung, die von allen Seiten von Wasser umgeben ist und sich einige Meter über das Wasser erhebt. Ein schöner Anblick. Nach und nach kommen auch Bernd und Merle aus ihrer Koje gekrochen und kommen an Deck während wir in den kleinen Hafen mit winzigem Pier einlaufen und das Boot vertäuen. Der Tidenhub ist groß, bestimmt 3,5 Meter. Immer wieder müssen wir zum fieren der Leinen nachts aufstehen. Der einzige Vorteil dabei – wir sehen Polarlichter. Ein grüner Schimmer fliegt über den Himmel und ich wecke Bernd, der nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er gerne bei den nächsten Polarlichtern geweckt werden möchte.
Etwas erschöpft und doch gut erholt stehen wir am nächsten morgen auf, erkunden das Dorf, gehen Einkaufen und sprechen mit einem Jäger, der gerade dabei ist ein Rentier auszunehmen und die Fleischstücke zwischen der frischen Wäsche zum trocknen aufhängt. Wir besuchen eine kleine Steinschleiferei, in der die lokalen, sehr minderwertigen Rubine geschliffen und zu horrenden Preisen an Touristen verkauft werden. Dankend lehne ich ab – freue mich aber, dass wir die Bestätigung haben, dass die Steine, die Clarissa und ich 2015 gefunden und gesammelt haben, wirklich Grönländische Rubine sind. Dann, gegen 10 Uhr geht es weiter gen Norden. Noch ist kaum Wind im Fjord und die ersten Stunden kommen wir super voran. Freuen uns immer wieder wie toll es läuft. Nach dem verlassen des Fjords halten wir uns weiter auf der „Inner Route“, die uns die verbleibenden dreißig Seemeilen weitestgehend vor dem starken Wind schützen soll. Immer wieder wird das Fahrwasser fast beängstigend schmal und flach. Die Karte verzeichnet an einer Stelle nur noch 2,2 Meter Tiefe, was genau dem Tiefgang unseres Bootes entspricht. Immer wieder bremsen wir das Boot für derartige Stellen bis auf ein minimum ab oder kreuzen in dem 50 Meter breiten Fahrwasser unter Großsegel hin und her. Ein kräfteraubendes unterfangen (Wir konnten in Paamiut zwar wieder alle gut zu Kräften kommen, ich bleibe hier aber gerne bei meinem schon fest einstudierten Muster des Klagens und Beschwerens über schlechtes Wetter), was uns aber deutlich besser erscheint als auf offener See zu kreuzen und uns den Wellen auszusetzen. Immer wieder begegnen uns Fischerboote oder kleine Motorboote von Grönländern, die sich zwischen den Städten bewegen. Auch die Wasserfarbe verändert sich immer wieder und wird in der Nähe von Gletscherflüssen zu einem türkisgrünen, surreal hellen Gewässer, dessen Tiefe man in keiner Weise an der Farbe abschätzen oder den Grund sehen kann. Der Tag ist geprägt von vielen neuen, schönen Eindrücken und Angespannter Stimmung wegen der Komplexität der Rückflüge, Eng- und Flachstellen. Als wir aber am Abend in einer ruhigen Bucht den Anker werfen und dieser sich auf Anhieb gut im Schlick eingräbt, steigt die Stimmung auch schnell wieder. Ein ruhiger Ankerplatz ist eben viel Wert. Wenn wir, wie an diesem Abend, noch dazu zwei große Dorsche aus dem Wasser ziehen, ist die Welt wieder gänzlich in Ordnung und ich schlafe Tag für Tag wieder besser und tiefer.
Obwohl wir nur 30 Seemeilen bis Nuuk segeln müssen, lichten wir den Anker in der Frühe ohne gefrühstückt zu haben. Die Sehnsucht anzukommen ist groß, die Crew wird das Boot dort verlassen und will in den wenigen verbleibenden Stunden noch etwas von der Stadt sehen. Die Zeit vergeht wie im Flug. Im Sund vor uns erscheinen die ersten, lang gezogenen Häuser und Fabrikgebäude. Langsam kommen wir der Großstadt näher, die fast der Hälfte der Grönländischen Bevölkerung Heimat bietet. Auch seit meiner letzten Reise hat sich die Stadt stark verändert. Wo vor 9 Jahren noch Industrie in Hafennähe stand, mehren sich immer mehr Häuserblöcke, Hotels, Wohnsiedlungen. in der Mitte des Hafens wurde eine riesige Insel aus Schotter aufgeschüttet um den Hafen um ein riesiges Container Terminal zu erweitern und besser zu schützen. Der Flughafen wurde jüngst umgebaut und soll ab Ende des Jahres auch für große Flugzeuge anzufliegen sein. Als wir in den Hafen einlaufen sind wir alle etwas überwältigt. Wir haben unser Ziel erreicht, haben die letzte Etappe trotz aller Hindernisse hinter uns gebracht und liegen nun in einem Päckchen in dem kleinen Fischerhafen am Kutterkajen. Wir treffen meinen Vater Axel, Andres und Dominik, die mich die nächsten Wochen als Crew begleiten werden und gehen zusammen Essen. Am nächsten Morgen um acht Uhr verabschiede ich Merle, Bernd und Jojo, die wiederum das Boot verlassen und, trotz vieler Komplikationen, nach Hause fliegen. Ein reges Treiben stellt sich an Bord ein, bis sich alles langsam eingependelt hat.
Zum Abschluss treffen wir meinen Freund Peter, den ich 2015 in Illulissat kennen gelernt habe und immer wieder mit ihm in Kontakt stand. Wir bringen Kässpätzle zum Abendessen mit und seine Frau kocht Thai-Curry für uns. Nach dem Essen wird die Stimmung immer entspannter und unterhalten uns bis in die Nacht hinein mit den Beiden über Leben, Politik, Natur, Arbeit, Kinder… Die Einblicke, die ich so in das Leben der sonst sehr zurückhaltenden Grönländer erhalte, erwärmen mein Herz und die Sehnsucht mehr Zeit hier verbringen zu wollen. Alles hat sein Ende – gegen 23 Uhr kehren wir zum Boot zurück und ich falle ins Bett. Morgen machen wir die letzten Erledigungen und beginnen dann unsere Reise gen Süden. Wir haben den Scheitelpunkt unserer Reise erreicht und werden nun Stück für Stück, Schlag um Schlag, wieder gen Süden und nach Deutschland segeln.
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